Kaufberatung: Welchen Antrieb brauche ich?
Viel Power oder wenig Gewicht?

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Wer ein E-Bike kaufen möchte, steht heute vor einer Grundsatz-Frage: Brauche ich einen leistungsstarken Antrieb mit großer Reichweite im herkömmlichen E-Bike, oder doch eher ein Smart-E-Bike mit etwas eingeschränkter Unterstützung? Karl hilft bei der Kaufentscheidung.

Viel Power oder wenig Gewicht?
Foto: Getty Images

Das E-Bike hat Konkurrenz bekommen! Und zwar aus den eigenen Reihen: Eine ganz neue Kategorie leichter E-Bikes mit kleineren Motoren und geringerer Reichweite mausert sich derzeit zu einem ausgewachsenen Trend. Was diese neuen Pedelecs so interessant macht? Sie sind deutlich leichter und damit handlicher als die üblichen E-Bikes mit ihrem leistungsstarken Antrieb und reichweitenstarkem Akku. Durch diese Diät bei Antrieb und Akku fahren sich die neuen leichten E-Bikes auch eher wie ein herkömmliches Fahrrad, sie lassen sich einfacher zum Beispiel in den Keller tragen, und sie sind meist deutlich günstiger. Außerdem können sich die Besitzer dieser neuen Kategorie schon mal eine lustige Antwort auf die Frage ausdenken: "Wo ist denn da der Motor?"

Diese neuen E-Leichtfüßler sind nicht einfach eine weitere neue Kategorie im mittlerweile riesigen E-Bike-Angebot. Sie unterscheiden sich so fundamental von allen bisherigen Konzepten, dass sich für die geneigte Kundschaft beim Kauf eines E-Bikes eine ganz neue, entscheidende Frage stellt. Nämlich, ob man jetzt ein E-Bike mit viel Power und Reichweite braucht, oder doch eher eines mit geringem Gewicht und allen damit einhergehenden Vorteilen?

Um bei dieser Kaufentscheidung Klarheit zu schaffen, hilft ein Blick zurück. Lange entwickelten sich E-Bikes in eine Richtung: Die etablierten Anbieter von Antrieben wie Bosch, Shimano oder Yamaha entwickelten immer stärkere Motoren und immer größere Akkus. Dieser starke Fokus auf immer mehr Antriebspower und immer mehr Reichweite war logisch, denn von Beginn an musste sich das E-Bike vor allem der Kritik erwehren, die Motoren seien spätestens am Berg zu schwach und die Reichweite der Akkus reiche nicht aus. Spricht man mit Händlern und Herstellern von E-Bikes, dann lautet bis heute die entscheidende Frage vieler Kunden: "Und wie lange reicht der Akku?"

Aktuelle E-Bikes fahren sehr weit

Ein Blick in die aktuellen Tests unseres Schwester-Magazins Elektrobike zeigt: Bei den aktuell gängigen Akkus mit weit über 500 Wattstunden sind Maximalreichweiten über 50 Kilometer absolut selbstverständlich, viele mit den großen Antrieben bestückte E-Bikes fahren unter guten Bedingungen auch 70 oder 80 Kilometer, bis der Akku an seine Grenzen kommt. Und mangelnde Power ist schon seit Jahren auch unter härtesten Bedingungen kein Thema mehr bei Trekking- oder SUV-Bikes.

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Doch diese eigentlich sehr gute Entwicklung bringt auch Nachteile mit sich. Selbst ein auf möglichst geringes Gewicht getrimmtes E-Bike wiegt deutlich über 20 Kilo – mit Vollausstattung, also Federung, Licht, Schutzblechen und Gepäckträger, marschiert die Anzeige der Waage bei einem SUV-Bike schnell Richtung 30 Kilo. Und vor allem die größeren Akkus verursachen neben dem Mehrgewicht auch höhere Kosten: Unter 2500 Euro ist ein ordentlich ausgestattetes E-Bike kaum noch zu haben.

Die Alternative: Weniger ist manchmal mehr

Ob es jetzt die hohen Preise sind oder die im Alltag unpraktisch hohen Gewichte – offensichtlich fragen sich zuletzt immer mehr potenzielle Käufer eines neuen E-Bikes, ob sie diese geballte Leistung und Reichweite überhaupt brauchen. Denn wer das E-Bike vor allem für alltägliche Einsätze in der Stadt braucht oder für einen nicht all zu langen Weg zur Arbeit, braucht einfach keine Reichweite jenseits der 50 Kilometer.

Die Lösung: Etwas kleinere Antriebe und kleinere Akkus. Sowas hatten Anbieter wie Fazua schon länger im Angebot, große Player aus dem Automotive-Bereich wie Mahle oder Bafang setzten ebenfalls auf diese "kleine" Lösung. Und die setzt sich jetzt durch. Ein Blick auf die Daten der Testbikes in Elektrobike belegt einen unschlagbaren Vorteil dieser Bikes mit Downsize-Antrieben: Selbst voll ausgestattet Modelle wiegen deutlich unter 20 Kilo, ohne Schutzbleche, Lichtanlage und Gepäckträger sind um die 15 Kilo kein Problem. Bei Preisen immer deutlich unter 3000 Euro.

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Im Alltag macht sich das Leichtgewicht an zwei Aspekten deutlich bemerkbar: Diese E-Bikes fahren sich fast so leichtfüßig wie ein herkömmliches Fahrrad, und durch das niedrige Gewicht lassen sie sich leichter mal in den Keller tragen. Die etwas schwächere Leistung der Motoren ist je nach Modell vor allem an steilen Rampen durchaus spürbar. Doch eine etwas zurückhaltendere Unterstützung, das Gefühl selbst mehr zu fahren als gefahren zu werden, kann ja auch durchaus reizvoll sein. Und mit Reichweiten von bis zu 30 Kilometern kommen sie im Vergleich zu einem Touren-E-Bike nichtmal halb so weit. Aber braucht diese große Reichweite eigentlich?

Die Kaufentscheidende Frage

Womit wir bei der entscheidenden Frage wären, die auf der Suche nach einem neuen E-Bike immer die erste sein muss. Wie viel Reichweite und Leistung brauche ich eigentlich? Klar: Wer Touren fährt, ein maximal vielseitiges E-Bike will, wer auch am Berg maximale Unterstützung genießen möchte, ist mit einem Touren- oder SUV-E-Bike bestens unterwegs.

Für kürzere Wege, das E-Bike als handlicher Begleiter im Alltag, ist so ein leichtes Modell mit etwas abgespecktem Antrieb mehr als nur eine Überlegung wert. Wie immer beim Fahrrad gilt: Wenn möglich einfach mal eine Probefahrt machen, um dieses leichtfüßige, "fahrrad-ähnliche" Handling selbst zu erfahren.

Entscheidungshilfe: Viel Power oder wenig Gewicht?

Wir haben für dich zur Kaufentscheidung die wichtigsten Vor- und Nachteile von Reichweitenstarken und etwas abgespeckten Antrieben am E-Bike zusammengetragen. Überlege dir genau, was du mit deinem E-Bike wirklich vorhast, wie und wie lange du damit fahren wirst, und gleiche das mit den Stärken und Schwächen in diesem Überblick ab. So wird dir schnell klar, ob du ein E-Bike mit viel Power oder eher eiens mit leichten Antrieb brauchst. Eine Probefahrt mit E-Bikes beider Kategorien hilft natürlich auch, denn die Unterschiede zwischen diesen Antriebsarten sind deutlich und direkt erfahrbar.

Vorteile von E-Bikes mit starken Motoren

  • kraftvolle Unterstützung in allen Fahrsituationen
  • große Reichweiten deutlich über 50 Kilometer
  • meist volle Ausstattung der E-Bikes mit Federung, Licht, Schutzblechen und Gepäckträgern

Nachteile E-Bikes mit starken Motoren

  • höhere Kaufpreise, meist deutlich über 2500 Euro
  • höhere Gewichte, mindestens um 25 Kilo
  • oft etwas trägeres Handling

Vorteile von E-Bikes mit kleineren Antrieben

  • günstigere Preise, unter 2500 Euro
  • Gewichte deutlich unter 20 Kilo
  • leichtfüßiges Fahrgefühl ähnlich einem herkömmlichen Fahrrad
  • leichter zu tragen

Nachteile von E-Bikes mit kleineren Antrieben

  • eingeschränkte Reichweite von maximal 30 Kilometer
  • zumindest am Berg weniger spürbare Unterstützung
  • häufig keine Vollausstattung mit Federung, Licht, Schutzblechen und Gepäckträgern
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Erscheinungsdatum 19.04.2023