Gewährleistung und Garantie
Neues Fahrrad kaputt – was tun?

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Was tun, wenn dein erst vor kurzem gekauftes Fahrrad oder Zubehör einen Defekt oder Schaden hat? Gilt dann die Garantie, oder doch die Gewährleistung? Und wer ist überhaupt dein Ansprechpartner – der Hersteller, oder der Verkäufer? Wir erklären hier alles, was du bei einem Defekt oder Schaden tun musst.

Neues Fahrrad kaputt – was tun?
Foto: Getty Images / Jetta Productions Inc

Neues Fahrrad gekauft und zack – wenige Wochen später hat dein Bike einen Defekt. Sehr ärgerlich! Eventuell wimmelt dich der Händler sogar ab: "Für diesen Schaden kommen wir nicht auf. Da haben Sie Ihr Bike falsch behandelt!". Damit du aus diesem Horrorszenario möglichst gut herauskommst, haben wir uns mit Rechtsanwalt Dustin Hirschmeier von der Kanzlei Rechtskontor49 in Osnabrück zusammengesetzt. Er ist Experte für Fahrradrecht und klärt häufige Fragen zur Gewährleistung, Garantie und Umtausch.

Kleiner Disclaimer vorab: Wir versuchen, einen allgemeinen Überblick über die Rechte zu geben, auf die sich Radfahrende berufen können. Aber jeder Einzelfall ist anders. Schon Kleinigkeiten können dazu führen, dass ein Sachverhalt komplett anders bewertet werden kann. Unsere Infos können deshalb keine individuelle juristische Beratung ersetzen.

Neues Fahrrad kaputt – was tun?

Unzufrieden mit der Werkstatt-Reparatur
Branimir76 / Getty Images

Ein Defekt an einem neuen Rad kostet Zeit und Nerven - wird aber häufig im Ramen der Gewährleistung vom Händler behoben. 

Schritt 1: Die eigenen Rechte verstehen

Wenn du ein neues Fahrrad (und übrigens auch jede andere Ware) kaufst, hast du das Recht auf Übergabe eines mangelfreien Produktes. Der Verkäufer haftet hierbei nur für Defekte, die zum Zeitpunkt der Übergabe bereits vorhanden waren. Die Haftung ist dabei auf einen Zeitraum von zwei Jahren gesetzlich begrenzt. Wenn sich ein Defekt (in der Fachsprache "Sachmangel" genannt) innerhalb dieser Zeit zeigt, vermutet da Gesetz, dass der Sachmangel bereits zum Zeitpunkt der Übergabe vorgelegen hat.

Rechtsanwalt Hirschmeier erklärt: "Rechtlich ist der Fall des Defekts dann gleich zu beurteilen mit einem offensichtlichen Makel wie einem deutlich sichtbaren Kratzer im Lack oder der falschen Farbe. Während die falsche Farbe offensichtlich ist, kann ein technischer Defekt jedoch teilweise schwer zu beweisen sein. Hier hilft dem Verbraucher die Beweislastumkehr im ersten Jahr der Gewährleistungsfrist. Der Verkäufer kann jedoch auch hier – sofern möglich – technisch beweisen, dass der Mangel nicht im Zeitpunkt der Übergabe vorlag. Die Pflicht liegt dann aber beim Verkäufer."

Auf diese Verbraucherrechte kannst du dich berufen:

  • Gesetzliche Gewährleistung: Die Gewährleistung (auch Sachmängelgewährleistung oder Sachmängelhaftung genannt) verpflichtet den Händler, innerhalb von zwei Jahren nach dem Kauf einen Mangel, der zum Zeitpunkt der Übergabe vorhanden war, ohne zusätzliche Kosten für den Käufer auszubessern oder eine Ersatzlieferung zur Verfügung zu stellen.
  • Garantie: Eine Garantie ist eine freiwillige Leistung eines Herstellers oder eines Händlers und kein gesetzliches Recht. Hersteller bieten eine Garantie auf ihre Produkte (oder Teile davon) an, um das Vertrauen in ihr Produkt zu erhöhen.

Schritt 2: Fällt der Mangel unter die Gewährleistungsrechte?

Nicht bei allem, was am neuen Fahrrad kaputtgeht, kann man sich auf die Gewährleistungsrechte berufen. Typische Verschleißteile fallen da nämlich nicht drunter. Heißt: Eine abgenutzte Kette, abgefahrene Reifen oder einen Unfallschaden wird man auch innerhalb der ersten zwölf Monate nicht reklamieren können. Gleiches gilt beim Fehlgebrauch, z. B. der Gangschaltung. Nachzuweisen, ob ein Mangel nun schon beim Kauf vorlag oder erst bei der Nutzung entstanden ist, ist der schwierige Teil an der ganzen Sache. "Das Gesetz möchte den Verkäufer der Sache also nicht dauerhaft für eine Gebrauchsmöglichkeit garantieren und haften lassen, sondern vielmehr die Vorgabe aufstellen, dass das Fahrrad im Zeitpunkt der Übergabe funktioniert und den vereinbarten bzw. üblichen Beschaffenheiten entspricht", so Hirschmeier.

Zu beweisen, ob der Schaden zum Zeitpunkt der Übergabe schon vorhanden war oder nicht, ist in den ersten zwölf Monaten nach dem Kauf Sache des Händlers (die sogenannte Beweislastumkehr), sofern ein Verbrauchsgüterkauf vorliegt.

Zu beweisen, ob der Schaden zum Zeitpunkt der Übergabe schon vorhanden war oder nicht, ist in den ersten zwölf Monaten nach dem Kauf Sache des Händlers (die sogenannte "Beweislastumkehr"). Das heißt, er muss ggf. einen Sachverständigen hinzuziehen, der feststellt, dass das Rad nicht durch deine Benutzung beschädigt wurde. "Das ist deshalb vorteilhaft für Verbraucher, weil es für sie häufig besonders bei technischen Mängel sehr schwer ist, zu beweisen, dass diese von Anfang an vorlagen", so Experte Hirschmeier. " Diese Beweislastumkehr macht es für den Verbauher leichter, seine Rechte durchzusetzen.

Aufgepasst werden muss im Einzelfall ggfs. beim Leasing. Ist der Leasingnehmer kein Verbraucher – z.B. der Arbeitgeber – dann liegt ggfs. kein Verbrauchsgüterkauf vor, mit der Folge, dass die Beweislastumkehr im ersten Jahr nicht gilt. Zu denken ist dann eventuell auch an kaufmannsrechtliche Rügeobliegenheiten.

Schritt 3: Händler kontaktieren

Wenn du nun der Meinung bist, dein Fall fällt unter die Gewährleistungsrechte, musst du dich an den Händler wenden, bei dem du das Rad gekauft hast – nicht an den Hersteller. Der ist dein Ansprechpartner, wenn du die Garantie in Anspruch nehmen willst. Am besten geht die Kontaktaufnahme per E-Mail, damit alles dokumentiert ist. In dem Schreiben sollte stehen:

  • Die Art des Problems
  • Eine angemessene Frist, innerhalb derer der Händler den Fehler beheben soll.
  • Ob du eine Nachlieferung oder Nachbesserung wünschst. Mehr Informationen dazu findest du hier.

Nun kommt es darauf an, wie der Verkäufer sich verhält.

  • Verkäufer akzeptiert Bearbeitung: Super. Du musst nun dein Rad für die Nachbesserung zur Verfügung stellen. Die Kosten dafür muss der Verkäufer übernehmen, indem er dir das Geld zur Verfügung stellt oder bspw. Freimarken schickt.
  • Verkäufer lehnt Bearbeitung ab: Nicht so super. Wenn der Verkäufer eine Nacherfüllung ablehnt und sagt, dass der Schaden nicht sein Verschulden ist, bleibt für den Verbraucher nur der Klageweg, wie Fahrradrechts-Experte Hirschmeier erklärt: "In diesem Fall muss der oder die Betroffene sich überlegen, ob er das Fahrrad (in mangelfreiem) Zustand behalten wollen würde, dann bleibt nur der Klageweg. Alternativ kann der Kunde hier auf Sekundärrechte zurückgreifen, die je nach Einzelfall eine Reduzierung des Kaufpreises nach sich ziehen können, eine Rückabwicklung des gesamten Kaufs anstreben oder ggfs. Schadenersatz geltend machen."

Fahrradumtausch: Wann bekomme ich mein Geld zurück?

E-Bike kaufen oder leasen I Verkaufsgespräch beim Fahrradhändler
JobRad 2023 I jobrad.org

Wer sein Rad umtauschen will, hat dafür in der Regel 14 Tage Zeit. 

Warterei, Papierkram, am Ende sogar eine Klage? Da ist wohl keiner richtig scharf drauf. Viele Kunden möchten dann einfach ihr Rad zurückgeben und ihr Geld zurückbekommen. Aber ganz so einfach ist es leider nicht.

Denn: Wie oben erklärt, muss der Händler zuerst immer die Möglichkeit bekommen, seinen Fehler zu beheben. Eine Rückgabe einfordern kannst du, wenn:

  • Die Frist, die du dem Händler in deinem Schreiben gesetzt hast, abgelaufen ist.
  • Die Nacherfüllung, also das Beheben des Schadens, zweimal erfolglos seitens des Verkäufers versucht wurde.
  • Wenn die Nacherfüllung im Einzelfall (Ausnahmecharakter) nicht zumutbar ist oder der Händler die Leistungspflicht unmissverständlich abgelehnt hat.

Unter diesen Umständen kann der Käufer vom Kaufvertrag zurücktreten und den gezahlten Kaufpreis, ganz oder zumindest anteilig, vom Verkäufer zurückverlangen.

Hast du dein Bike über den Online-Handel gekauft, genießt du darüber hinaus als Käufer ein 14-tägiges Widerrufsrecht. In dieser Zeit kannst du ohne Angabe von Gründen von dem Kauf zurücktreten. Manche Online-Händler bieten ihren Kunden hier freiwillig noch deutlich größere Zeiträume, um Vertrauen zu schaffen.

Sind dem Kunden im Rahmen der Nacherfüllung Kosten entstanden, hat er Anspruch auf Schadensersatz (z. B. Kosten für eine Reparatur durch Dritte, Fahrtkosten, juristische Beratung, usw.).

Wie sind die Erfolgsaussichten bei Reklamationen?

Der Erfolg einer Reklamation hängt von verschiedenen Faktoren ab.

  • Art des Mangels: Bei sehr offensichtlichen Defekten (z. B. Antriebsstörung beim E-Bike) sei es erfahrungsgemäß einfacher, einen Sachmangel geltend zu machen, so Hirschmeier. Je unauffälliger das Problem ist, desto schwieriger werde es.
  • Zustand des Bikes: Kommt ein Gravelbike etwa mit gebrochenem Schaltauge beim Hersteller in einem vollkommen verdreckten Zustand an, kann das die Erfolgsaussichten mindern. "Wenn es Anhaltspunkte dafür gibt, dass eine Beschädigung aufgrund des Einsatzes erfolgt ist", so der Experte, "oder am Bike herumgefummelt wurde, dann ist es verständlicherweise schwieriger, eine Nacherfüllung durchzusetzen."
  • Neu auftretende Problematiken: Bei neuen Fahrradmodellen kann es ebenfalls schwieriger sein, Ansprüche geltend zu machen. Nämlich dann, wenn Hersteller z. B. mit neu auftretenden technischen Defekten bislang keine oder wenige Erfahrungswerte haben. Unmöglich ist es nicht, aber es braucht unter Umständen mehr Geduld und Hartnäckigkeit.

Fazit

So nervig es für die Betroffenen auch ist – die rechtliche Lage bei einem Defekt am neuen Fahrrad ist sehr eindeutig geklärt. Und mit dem Nacherfüllungsanspruch und der Beweislastumkehr, sowie ggf. zusätzlichen Garantieansprüchen, sieht sie auch einige Vereinfachungen und Erleichterungen für den Verbraucher vor. "Im Prinzip", so Rechtsanwalt Hirschmeier, "ist das eine ganz banale Sache, die täglich Tausende Male vorkommt. Aber gerade die Ermittlung, wessen Verschulden ein Schaden war, macht Sachmangellagen oft zu schwierigen Einzelfallentscheidungen."

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Erscheinungsdatum 19.04.2023