Radfahren und Covid-19
Wann darf ich nach Corona wieder Rad fahren?

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Wenn man krank ist, ist Sport tabu. Doch wie sieht das nach einer Corona-Erkrankung aus? Wir sprachen mit Dr. Christopher Edler vom Radteam Bora-hansgrohe.

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Foto: Getty Images / DrPixel

Mehr als 32 Millionen positive Corona-Fälle (Stand Ende August 2022) gibt es in Deutschland inzwischen – Tendenz weiter steigend. Zwar erleben die meisten Erkrankten nur einen milden Verlauf der Virusinfektion, dennoch sind viele Menschen verunsichert, wenn sie an COVID-19 erkrankt sind. Das gilt insbesondere für solche, die in ihrem Alltag regelmäßig Sport treiben. Doch ab wann kann das Fahrrad wieder aus der Garage geholt werden?

"In jedem Fall ist es wichtig, dass man lange genug Pause macht – und es auch dann vorsichtig angeht, wenn man sich bereits wieder gesund fühlt", sagt Dr. Christopher Edler. Er ist Head of Medical beim deutschen Profiradteam Bora-hansgrohe und betreut unter anderem Athleten bei der Tour de France. Mit ihm sprachen wir darüber, was eine Corona-Infektion für den Körper bedeutet und was man nach einer Erkrankung beachten sollte – egal ob man Radprofi ist oder das Rad nur auf dem Weg zur Arbeit verwendet.

Herr Dr. Edler, Sie sind Mannschaftsarzt beim Profiradteam Bora-hansgrohe. Inwieweit ist Corona nach wie vor ein Problem im Profisport?

Dr. Christopher Edler: Das kommt ganz auf die Definition an. Wenn man es als Problem definiert, weil es die Pandemie noch gibt, dann ist es nach wie vor ein Problem. Schließlich gibt es immer noch regelmäßige Infektionen unter den Fahrern. Wenn wir aber den Umgang mit einer Erkrankung betrachten, dann haben wir inzwischen eine gute Routine. Fahrer, Trainer und Teammanager wissen, was auf sie zukommt, wenn sich ein Athlet infiziert hat – etwa, wenn es darum geht, dem Athleten eine Training- und Rennpause zu verordnen.

BORA-hansgrohe/SprintCycling

Was macht Corona mit dem Körper eines Hochleistungssportlers? Und gibt es Unterschied zu Radfahrern, die beispielsweise nur mit dem Rad zur Arbeit pendeln oder Wochenend-Touren machen?

Im Prinzip nicht, die Effekte des Virus auf den Körper sind die gleichen. Ein Tour-de-France-Profi hat genauso mit Muskelschmerzen und Müdigkeit zu kämpfen wie ein nicht-trainierter Mensch. Was wir allerdings beobachten, ist ein Unterschied bei der Ausprägung der Symptome. Hochleistungssportler haben ein starkes Herz und ein großes Lungenvolumen – sie werden also zum Beispiel weniger in Atemnot geraten als nicht-trainierte Menschen.

Es kommt aber sicherlich auch auf die Virusvariante an, an der man erkrankt ist. Wir hatten Fälle mit langen Verläufen, wo ein Athlet wochenlang ausfiel. Gleichzeitig haben wir auch Fälle, wo jemand keine Symptome zeigt und nur ein paar Tage ausfällt. Für uns ist klar: Solange ein Fahrer symptomatisch und positiv ist, trainiert er nicht – da sind sich auch alle Fachgesellschaften einig. Das gilt selbstverständlich auch für Nicht-Sportprofis: Wer Symptome hat, sollte sich nicht belasten.

Ab wann kann man sich denn wieder aufs Rad wagen?

In der deutschen Sportmedizin gibt es eine Leitlinie, die besagt, dass man nach einem leichten Verlauf drei komplett symptomfreien Tagen wieder mit geringer Belastung anfangen darf. Wenn man dann trotz dieser leichten Belastung zehn weitere Tage beschwerdefrei bleibt, kann man den Körper auch wieder stärker belasten.

Die Formulierung "leichter Verlauf" ist dabei entscheidend: Wir unterscheiden zwischen symptomlosen Verläufen, milden, moderaten und schweren Symptomen. Unter einen leichten Verlauf fällt beispielsweise eine Erkrankung ohne Fieber, leichten Halsschmerzen, eine laufende Nase und ein leichtes generelles Krankheitsgefühl.

Wie sollte man vorgehen, wenn die Symptome zumindest moderat waren?

Wenn die Erkrankung schlimmer war, sollte man dementsprechend noch vorsichtiger sein. Wir machen beispielsweise bei allen Sportlern EKG-Tests und Lungenuntersuchungen – egal, wie mild oder stark ein Verlauf war. Auch eine Blutuntersuchung mit einer Kontrolle der Herz-Enzyme gehört dazu. Bei moderaten Verläufen machen wir sogar ein Herz-MRT. Letzteres ist allerdings für normale Bürgerinnen und Bürger nicht bei jeder Coronavirus-Infektion nötig.

Dennoch ist es auch hier das oberste Gebot, Langzeitfolgen wie beispielsweise eine Herzmuskelentzündung zu vermeiden. Und das geht eben am besten, wenn man ganz vorsichtig ist und lieber länger als kürzer pausiert. Wenn man Fieber über 38,5 Grad, deutliche Kopfschmerzen, Atemnot in Ruhe, Schwindel und einen länger als drei Tage andauernden Husten hatte, dann sagen die Leitlinien, dass auch ein Nicht-Profi definitiv einen Gesundheitscheck machen sollte. Da geht es dann um eine Kontrolle der Blutwerte, ein Ruhe-EKG und eventuell einen Herz-Ultraschall.

Was sollte man machen, wenn man sich unsicher ist? Und was wären Anzeichen, dass man am besten direkt zum Arzt gehen sollte?

Grundsätzlich ist es nie verkehrt, bei einer Unsicherheit zum Hausarzt zu gehen. Da würde ich die Latte ganz niedrig hängen. Definitive Alarmzeichen wären Herzrhythmusstörungen, stolpernde Herzschläge oder Palpitationen mit plötzlich ganz starken Herzschlägen. Ebenfalls ein Warnzeichen kann sein, dass eine Belastung, die man vor Corona problemlos geschafft hat, nun plötzlich viel anstrengender ist. Etwa, wenn man auf dem Arbeitsweg normalerweise einen kleinen Hügel ohne Probleme bewältigt hat und man nun kaum mehr hinaufkommt.

Herr Dr. Edler, vielen Dank für das aufschlussreiche Gespräch.

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Erscheinungsdatum 19.04.2023