Alberto Bike-Jeans: ein Blick hinter die Kulissen
Im Namen der Hose

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Hosen runter, Marco Lanowy: Warum braucht man eine Bike-Jeans? Der Alberto-Geschäftsführer verrät die Antwort.

Im Namen der Hose
Foto: Alberto

Das ist doch Jacke wie Hose. Diesen Satz hört Marco Lanowy wahrscheinlich oft. Aber ob er ihn gerne hört? Oder gar lustig findet? Er lacht sicher darüber, wenn ihn mal wieder jemand um ein Wortspiel bemüht anspricht. Aber die Hose stellt für Marco Lanowy alles andere als ein "Egal"-Produkt dar. Kein Wunder. Marco Lanowy bekleidet seit 2004 den Posten des Geschäftsführers bei der Hosenmarke Alberto. Für die Firma aus Mönchengladbach sitzt er schon insgesamt 20 Jahre im Sattel. "Ich bin aus Leidenschaft Geschäftsführer bei Alberto", erzählt der Mann, der im November 2021 53 Jahre alt wird – dem man das Alter aber nicht ansieht. Ja, und die Hose ist ihm wirklich nicht egal: "Für mich ist die Hose nicht nur da, um drei Viertel des Körpers zu bedecken, sondern für mich ich die Hose das nach dem Schuh zweitbeanspruchste Kleidungsstück." Viel Fläche, viel Anspruch – und trotzdem soll eine Hose auch noch gut aussehen. Marco Lanowy arbeitet im Namen der Hose. Wie diese Arbeit aussieht? Er und sein Team begeben sich auf die Suche nach immer neuen Einsatzzwecken. Hose ist eben nicht gleich Hose.

Aber wie kommt man auf die Idee einer Rad-Jeans?

Als Marco Lanowy mit KARL via Zoom spricht, sieht man hinter ihm im Büro eine vergoldete Hose. Eine robuste Jeans, eine Raw Denim, wie er erklärt. Eine Erinnerung an die Jeans der Goldschürfer. Die brauchten für ihre Arbeit robuste, feste Hosen. So, und jetzt bitte eine gelungene Überleitung zum Thema Rad-Jeans, die Hosenkategorie, die Alberto vor sechs Jahren auf den Markt brachte. Nichts leichter als das. "Wenn du mit einer Raw Denim versuchst auf ein Herrenrad zu steigen, dann kommst du an physikalische Grenzen", sagt Marco Lanowy. Und hat damit recht. Elegant aufsteigen? Fehlanzeige. Aber man muss sich ja nicht zwingend mit einer der robustesten Hosen aufs Zweirad schwingen. Muss man nicht. Aber Hand aufs Herz und einen sentimentalen Blick auf die leere Stelle im Kleiderschrank: Wer von uns Radfahrern hat sich noch nicht eine seiner Lieblingsjeans auf dem Fahrrad ruiniert?

Alberto Bike Jeans
Alberto
Marco Lanowy, Alberto-Geschäftsführer vor dem Concept-Store in Mönchengladbach.

Der Autor dieser Zeilen kann ein löchriges Lied von gerissenem Garn singen. Auch wenn die Lieblingsjeans wahrlich keine Sitzhose war, eine Radjeans war sie noch lange nicht. Problem bekannt, Problem gebannt? So einfach war es nicht. Irgendwie hat sich lange niemand an diese Frage herangetraut. Oder bemerkt, dass es wirklich eine Nachfrage, vielleicht gar ein Bedürfnis nach einer Radjeans bei Radfahrern gibt. "Wir haben uns natürlich mit der Frage beschäftigt, wie sich Mobilität entwickeln wird. Wie kommen Leute in der Zukunft zur Arbeit? Fahren sie auch in ihrer Freizeit viel Fahrrad?", erinnert sich Marco Lanowy an den Zeitpunkt, als die Idee für eine Fahrradjeans reifte. Da war der coronabedingte Höhenrausch von Fahrrad und E-Bike nicht mal zum Greifen nahe, sondern eigentlich noch undenkbar.

Zur Arbeit fahren, wohlfühlen und gut aussehen

Daher stellt Lanowy klar: "Wir sind kein Pandemie-Produkt."Wie aber sieht dieses Produkt genau aus? Alberto setzt mit der Bike-Jeans an den Schwachstellen der normalen Jeans an. Sie spendieren der Hose Stretch, machen sich Gedanken um die Taschen. Warum drückt der Schlüssel in der Hosentasche eigentlich auf den Körper und nicht ins Produkt? Sie ziehen die Jeans hinten weiter nach oben (damit die Shirts nicht andauernd rausrutschen) und verpassen den Backpockets und Hosenaufschlägen Reflektoren. Dazu gibt es auch noch ein Anti-Rutsch-Band im elastischen Bund. Klingt gut, trägt sich gut und sieht auch noch gut aus. Trotzdem wollte der reguläre Handel die Hose zuerst nicht ins Sortiment aufnehmen. Der Durchbruch gelang auf der Berliner Fahrradschau. Die Bike-Community war begeistert, die 170 Messemodelle waren noch vor Ort verkauft. Besonders die Strapazierfähigkeit kommt gut. Im Folgejahr beschwerte sich ein Berliner Radler – wieder auf der Messe – bei Alberto, dass die Hose nach über 4000 Kilometern durch war. "Ich hätte die gerne noch mal, so lange hat noch keine Jeans auf dem Rad gehalten", erinnert sich Lanowy an das Feedback.

Vorradler für eine neue Kategorie Hose

Über die Messen gelingt der Durchbruch. Namhafte Händler kommen auf Alberto zu. Eine Idee setzt sich durch. Eine Idee von einer Firma, die mit dem Thema Fahrrad nichts am Hut hatte. "Wir haben die Profis in dem Segment darauf aufmerksam gemacht, was es all die Jahre nicht in den Markt geschafft hat", sagt Marco Lanowy nicht ohne Stolz. Die Alberto Bike-Jeans ist der Vorradler für eine neue Kategorie Hose. Viele Hersteller haben nachgezogen. Duer, Isadore und Vandenride – um nur einige zu nennen. Auch diese Tatsache zeigt: Ganz so abwegig, wie es im ersten Moment klingt, ist eine Rad-Jeans gar nicht. Also alles andere als Jacke wie Hose. Marco Lanowy formuliert es anders: Kunden kaufen Ideen. Und die Jeans für Radfahrer ist eine gute.

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Erscheinungsdatum 19.04.2023